"Speeding Up Innovation" im Alpenraum: Zukunftsperspektiven für die Alm- und Berglandwirtschaft
Unter dem Motto „Speeding Up Innovation – Zukunftsfitte Alm- und Berglandwirtschaft“ kamen Expertinnen und Experten aus Forschung, Praxis und Beratung an der HBLFA Tirol in Rotholz zusammen.
Austausch, Praxisbezug und neue Ideen
Am 23. Oktober 2025 fand zum ersten Mal eine Veranstaltung aus der "Speeding Up Innovation"-Reihe nicht in Wien statt, sondern wurde direkt in einem klassischen Almwirtschaftsgebiet durchgeführt. Rund 40 Fachleute aus mehreren Bundesländern folgten der Einladung und fanden sich zusammen mit zahlreichen Schülerinnen und Schüler der HBLFA Tirol in den modernen Schulräumlichkeiten in Rotholz ein. Die Landwirtschaftskammer Österreich, das Ministerium sowie die HBLFA Tirol zeichneten gemeinsam für die Organisation dieser Fachveranstaltung verantwortlich.
Schweizer Alpwirtschaft als Vergleichsmodell
Selina Dorz (Schweizerischer Alpwirtschaftlicher Verband) demonstrierte, wie die Schweizer Alpwirtschaft konsequent weiterentwickelt wird. Diskutiert wurden Maßnahmen zur nachhaltigen Bewirtschaftung, Aktivitäten zur Sicherung von Fachkräften und etablierte Formen der Wissensvermittlung. Besonders bemerkenswert: Die Schweizer Alpsaison steht inzwischen als immaterielles Kulturerbe unter dem Schutz der UNESCO – ein starkes Signal für ihre kulturelle Bedeutung.
Trotz der vielen Gemeinsamkeiten zur österreichischen Almwirtschaft – etwa in Hinblick auf Personalengpässe, Herausforderungen durch Großraubwild oder den Einfluss des Klimawandels – wurden deutliche Unterschiede in Organisation, Förderwesen und Rechtsstrukturen sichtbar. Diese Gegenüberstellung lieferte wertvolle Denkanstöße für Strategien in Österreich.
Forschung und Praxis an der HBLFA Tirol
Im zweiten Vortrag zeigte Forschungsleiter der HBLFA Tirol, Klaus Dillinger, wie eng Forschung, Analytik und Serviceleistungen an der HBLFA miteinander verzahnt sind. Gerade die Almwirtschaft profitiert von den praxisnahen Angeboten der Bundesanstalt – insbesondere in der Käseproduktion. Deutlich wurde: Nur Produkte, die höchsten Standards entsprechen, lassen sich am Markt erfolgreich positionieren.
Digitale Werkzeuge für den Almalltag
Der dritte Beitrag befasste sich mit der zunehmenden Bedeutung digitaler Hilfsmittel. Thomas Guggenberger (HBLFA Raumberg-Gumpenstein) zeigte, wie GPS-Daten, Drohnentechnik und Plattformlösungen neue Wege für effizientere Arbeitsabläufe und eine bessere Tierüberwachung – ein zentralen Vorteil angesichts des Personalmangels in der Almwirtschaft – ermöglichen können. An der HBLFA Raumberg-Gumpenstein laufen hierzu seit Jahren Forschungsprojekte. Gleichzeitig wurde betont, dass technologische Innovation das Erfahrungswissen der Bewirtschafterinnen und Bewirtschafter niemals ersetzen kann.
Workshops: Austausch, Praxisbezug und neue Ideen
Am Nachmittag fanden drei parallel organisierte Workshops statt, die die Inhalte des Vormittags vertieften.
- Nachhaltige Nutzung alpiner Räume:
Unter anderem wurde diskutiert, wie landwirtschaftliche Nutzung, Naturschutz und Freizeitinteressen miteinander in Einklang gebracht werden können. Das Tiroler Mountainbike-Modell, das seit über 25 Jahren erfolgreich Kooperationen zwischen Landwirtschaft, Tourismus und Erholungssuchenden ermöglicht, diente als Beispiel gelungener Zusammenarbeit. - Produktentwicklung und Vermarktung:
Themen wie die Verarbeitung von Ziegen- und Schafmilch, innovative Produktideen sowie zeitgemäße Marketingstrategien standen hier im Fokus. Deutlich wurde, dass Innovation längst über neue Rezepturen hinausgeht – Verpackung, Präsentation und eine authentische Geschichte sind zunehmend entscheidend. - Digitalisierung in der Almwirtschaft:
Im dritten Workshop wurden konkrete digitale Anwendungen vorgestellt, darunter elektronische Tierkennzeichnung, Ortungssysteme und intelligente Zaunlösungen. Sie ermöglichen effizientere und sicherere Abläufe auf Almen und in Berggebieten.
Blick hinter die Kulissen
Den Abschluss bildete eine Führung durch die HBLFA Tirol. Die Teilnehmenden erhielten Einblicke in laufende Projekte, moderne Produktionsanlagen und die praxisorientierte Ausbildung am Standort.
Die Veranstaltung zeigte abermals, wie bedeutend der Wissenstransfer zwischen Forschung, Bildung und landwirtschaftlicher Praxis ist. Alm- und Berglandwirtschaft sind längst kein rein traditioneller Bereich mehr – sie entwickeln sich zunehmend zu einem Innovationsfeld, in dem moderne Technologien, wissenschaftliche Erkenntnisse und regionale Erfahrungskraft zusammenfinden.