Regionen als Schlüssel für nachhaltige Transformation und gesellschaftlichen Wandel

Personen auf Sesseln die Richtung Vortragenden schauen
Foto: BMLUK

Gesellschaftliche Transformation zählt zu den dringendsten Herausforderungen unserer Zeit. Regionen spielen dabei eine Schlüsselrolle als wirksame Akteurssysteme. Das Policy Lab in Murau, die ÖROK-Studie RIT und internationale Reflexionen zeigen: Nachhaltiger Wandel gelingt durch regionale Innovationssysteme, starke Netzwerke und langfristige Visionen.

Hinweis

Am 8. September 2025 fand in Murau (Steiermark) im Auftrag des BMLUK und im Rahmen der Regionen-Dialog-Plattform das Policy Lab "Regionen als Akteure im Mehrebenen-System für Transformation" statt. Die Erkenntnisse aus der Veranstaltung wurden zusammengefasst und stehen im Downloadbereich zur Verfügung. 

Transformation verstehen, gestalten und die Rolle der Regionen

Nachhaltige Entwicklung bedeutet mehr als technologische Innovation – sie verlangt einen tiefgreifenden gesellschaftlichen Wandel. Effizienzsteigerungen allein reichen nicht aus; nicht-nachhaltige Praktiken müssen aktiv abgebaut und neue Wege gefördert werden. Dieses Prinzip der Doppelstrategie – Aufbau des Neuen und Rückbau des Alten – erfordert Vermittler:innen, sogenannte Intermediäre, die als Übersetzer:innen, Netzwerker:innen und Innovationsarchitekt:innen Räume für Experimente schaffen und neue Perspektiven eröffnen.

Regionen sind Brücken zwischen Gemeinden, Ländern und dem Bund. Ihre Stärke liegt in der Nähe zu den Menschen und der Fähigkeit, Herausforderungen konkret zu verankern. Sie können über Gemeindegrenzen hinaus maßgeschneiderte Lösungen entwickeln, Beteiligung fördern und Innovationsräume schaffen. Zentrale Bedeutung haben regionale Innovationssysteme, die lokale Akteur:innen mit übergeordneten Strukturen verbinden und so ein fruchtbares Zusammenspiel zwischen Basis und Politik ermöglichen.

Good Practice Beispiel Murau: Transformation aus der Region

Die Holzwelt Murau zeigt eindrucksvoll, wie regionale Transformation gelingen kann – selbst in strukturschwachen Gebieten. Bereits in den 1990er Jahren erkannte man das Potenzial von Holz und Energie. Mit der „Energievision Murau“ (2002) wurde das Ziel der Energieautarkie bis 2020 formuliert. Daraus entstanden:

  • Etablierung als Klima- und Energiemodellregion
  • Aufbau einer Energiegenossenschaft zur Bürger:innenbeteiligung
  • Kooperationen mit Unternehmen wie Energie Steiermark
  • Einrichtung eines Reallabors für neue Energietechnologien
  • Teilnahme am EU-Projekt REFORMERS

Heute produziert Murau dreimal mehr Strom aus erneuerbaren Quellen als verbraucht wird. Rund 70 % der Gebäude werden CO₂-neutral beheizt – dank 90 Wasserkraftwerken, 45 Biomasseanlagen, 6 Heizwerken mit Kraft-Wärme-Koppelung, Windkraft und einer hohen Dichte an Photovoltaik-Anwendungen.

Die Entwicklung zeigt zentrale Prinzipien für gelungene Transformation:

  • Kritische Reflexion und Zukunftsorientierung: Alte Systeme wurden hinterfragt und verlassen.
  • Menschen aktivieren: Bürger:innenbeteiligung und Co-Creation standen im Mittelpunkt.
  • Visionen setzen: Klare Ziele wie Energieautarkie gaben Orientierung.
  • Vernetztes Arbeiten: Technologie, Gesellschaft und Wirtschaft wurden systematisch verbunden.
  • Widerstände annehmen: Kritiker:innen wurden aktiv eingebunden.
  • Offener Dialog: Austausch mit anderen Regionen und EU-Programmen stärkte die Innovationsfähigkeit.
  • Langfristigkeit: Erfolg basiert auf kontinuierlichem Kapazitätsaufbau über Jahrzehnte.
  • Multiakteurs- und Mehrebenenansatz: Transformation gelingt nur im Zusammenspiel aller Ebenen.

Intermediäre – von engagierten Einzelpersonen bis zu institutionellen Netzwerken – waren entscheidend, um lokale Bedürfnisse mit überregionalen Ressourcen zu verbinden.

Impulse für die österreichische Regionalpolitik

Aus Murau lassen sich wichtige Lehren für die nationale Politik ziehen:

  • Regionen brauchen verlässliche Rahmenbedingungen von Bund und Ländern.
  • Transformative Ziele müssen im gesamten Mehrebenensystem verankert werden.
  • Innovationskapazitäten sind strategisch in den Regionen aufzubauen.
  • Förderprogramme sollten Mitgestaltung durch Regionen zulassen.
  • Erfahrungsaustausch zwischen Regionen ist entscheidend, um Innovationen zu verbreiten.
  • Transformation funktioniert nur, wenn ein klarer Mehrwert für alle Beteiligten sichtbar wird – wirtschaftlich, sozial und ökologisch.

ÖROK-Projekt „Regionale Innovation & Transformation (RIT)"

Das mehrjährige, modular aufgebaute Projekt RIT der ÖROK widmet sich der Frage, wie Regionen in Zeiten tiefgreifender gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und ökologischer Veränderungen gestärkt werden können. Im Fokus stehen regionale Innovationssysteme, Netzwerke und Governance-Strukturen, die als zentrale Hebel für Transformation dienen. Die Publikation dokumentiert die wichtigsten Erkenntnisse und Ergebnisse und liefert Impulse für eine innovative Regionalpolitik im österreichischen Mehrebenensystem – auch mit Blick auf die Vorbereitung der EU-Finanzperiode 2028–2034. Die ÖROK-Schriftenreihe steht als Download auf der ÖROK-Seite zur Verfügung. 

Internationaler Austausch zur Transformationspolitik

Im November 2025 organisierte das European Policies Research Centre (EPRC) das Seminar „Making transformative innovation work in regional policy – reflections from Austria“. Dieses Spezialseminar wurde vom BMLUK angestoßen, das Mitglied im EPRC-geführten European Regional Policy Research Consortium (EoRPA) ist. Der österreichische Beitrag präsentierte die ÖROK-Studie „Regionale Innovation & Transformation (RIT)“, stellte zentrale Erkenntnisse daraus vor und diskutierte, wie regionale Innovationssysteme und Intermediäre als Brücken im Mehrebenensystem wirken können. Ergänzt wurde dies durch internationale Perspektiven, etwa aus dem Baskenland, wodurch die österreichischen Ansätze in einen europäischen Vergleich gestellt und ihre Bedeutung für eine zukunftsfähige Regionalpolitik verdeutlicht wurden.

Mehr Informationen zu der Veranstaltung finden Sie im Webartikel

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