Kommunale Abwasserrichtlinie KARL mit 4. Reinigungsstufe

Abwasserreinigung
Foto: BMLUK / Max Slovencik

Die überarbeitete Kommunale Abwasserrichtlinie hebt die Abwasserreinigung mit der Einführung der vierten Reinigungsstufe auf ein neues technologisches und umweltpolitisches Niveau. Die vierte Reinigungsstufe dient der gezielten Entfernung von Mikroschadstoffen (oder auch Spurenstoffen) aus dem Abwasser.

Mikroschadstoffe stammen zum Beispiel aus Medikamenten, Kosmetikprodukten, Reinigungsmitteln, Industriechemikalien oder Pflanzenschutzmitteln. Obwohl sie nur in sehr kleinen Mengen vorkommen – oft millionstel Gramm pro Liter –, können sie bereits in dieser Konzentration schädlich für Tiere, Pflanzen und auch für den Menschen sein.

Die Schweiz hat bereits seit 2016 gesetzliche Vorgaben für die Entfernung solcher Stoffe. Auch Österreich zieht nun nach: Am 1. Januar 2025 trat die europäische Kommunale Abwasserrichtlinie (KARL) in Kraft, die bis 2027 von den Mitgliedsstaaten in nationales Recht umgesetzt werden muss. Sie schreibt vor, dass zwischen 2033 und 2045 große Kläranlagen (ab 150.000 EW) und bestimmte mittelgroße Anlagen (zwischen 10.000 und 149.999 EW) in besonders empfindlichen Regionen mit einer vierten Reinigungsstufe ausgestattet werden müssen.

In Österreich gibt es 22 große und 261 mittelgroße Kläranlagen. Während die großen Anlagen auf jeden Fall nachgerüstet werden müssen, wird bei den mittelgroßen Anlagen zunächst geprüft, ob eine Nachrüstung notwendig ist. Dabei kommt ein sogenannter „risikobasierter Ansatz“ zum Einsatz – also eine Bewertung, wie stark die jeweilige Region durch Mikroschadstoffe gefährdet ist. Die Europäische Kommission arbeitet derzeit an einem Leitfaden, wie diese Bewertung durchgeführt werden soll.

Techniken zur Entfernung von Mikroschadstoffen in der vierten Reinigungsstufe

Um Mikroschadstoffe aus dem Abwasser zu entfernen, setzen Kläranlagen in der sogenannten vierten Reinigungsstufe häufig auf zwei bewährte Verfahren – oft auch in Kombination:

  • Ozonung: Hier wird dem bereits vorgereinigten Abwasser Ozon zugesetzt. Ozon ist ein sehr starkes Oxidationsmittel, das viele Schadstoffe chemisch aufspaltet und dadurch unschädlich macht.
  • Aktivkohleadsorption: Hier werden die Schadstoffe an Aktivkohle gebunden. Die Kohle kann entweder als feines Pulver oder als grobes Granulat eingesetzt werden.

Warum die vierte Reinigungsstufe wichtig für Umwelt und Gesundheit ist

Die Europäische Kommission hat 2022 untersucht, welche Vorteile die Einführung einer vierten Reinigungsstufe in Kläranlagen bringen würde. Das Ergebnis: Wenn alle großen und bestimmte mittelgroße Kläranlagen in der EU mit dieser zusätzlichen Technik ausgestattet werden, könnte die Mikroschadstofffracht, die ins Wasser gelangt, um etwa 44 Prozent reduziert werden.

Das bedeutet: Weniger Schadstoffe in Flüssen und Seen – und damit weniger Risiken für Tiere, Pflanzen und Menschen. Aber auch wirtschaftlich bringt die Maßnahme Vorteile, wie zum Beispiel:

  • Trink- und Nutzwasser muss weniger aufwändig gereinigt werden, was Kosten spart.
  • Badegewässer werden sauberer, was sich positiv auf Freizeitaktivitäten und den Tourismus auswirkt.

Wer bezahlt die vierte Reinigungsstufe

Die neue Kommunale Abwasserrichtlinie legt fest, wie die zusätzliche vierte Reinigungsstufe in Kläranlagen finanziert werden soll. Dabei gilt das sogenannte Verursacherprinzip: Wer Schadstoffe in die Umwelt bringt, muss auch für deren Entfernung zahlen. In der KARL wird dieses Prinzip umgesetzt, indem bestimmte Industriebranchen eine Erweiterte Herstellerverantwortung (EHV) übernehmen.

Laut einer Studie der Europäischen Kommission stammen 92 Prozent der toxischen Belastung im unbehandelten Abwasser aus Rückständen von Medikamenten (66 Prozent) und Kosmetikprodukten (26 Prozent). Deshalb sollen die Hersteller dieser Produkte den Großteil der Kosten übernehmen: Mindestens 80 Prozent der Kosten für Bau und Betrieb der neuen Reinigungsstufe zahlen laut KARL die Arzneimittel- und Kosmetikindustrie. Bis zu 20 Prozent übernimmt der Staat, zum Beispiel über Förderungen oder Gebühren.

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