Kompensation von Flächeninanspruchnahme aus stadtregionaler Perspektive

Teilnehmerinnen eines Expertinnenworkshops sitzen in einem Raum, Vortragender steht vor einer Präsentation an der Wand
Foto: BMLUK

Im Rahmen der Regionen-Dialog-Plattform des BMLUK fand im Oktober 2025 ein Expertinnen- und Expertenworkshop zum Thema „Kompensation von Flächeninanspruchnahme aus stadtregionaler Perspektive“ statt. Dort zeigte sich eindrucksvoll, wie wichtig Austauschformate von Bund, Ländern, Städten, Regionen, Universitäten und Beratungsunternehmen für derartige Querschnittsthemen sind.

Grünräume und landwirtschaftliche Flächen erhalten

Gesunde Böden und Grünräume haben eine wichtige Bedeutung für Klima, die Biodiversität und die Lebensqualität. Jedoch gehen zulasten anderer Nutzungen fortlaufend landwirtschaftliche Flächen sowie Frei- und Grünräume, auch in urbanen Gebieten, verloren.

Dem soll Artikel 8 der EU-Wiederherstellungsverordnung entgegenwirken: Er verpflichtet die Mitgliedstaaten, Grünflächen und die Baumüberschirmung in städtischen Ökosystemen bis 2030 mindestens zu erhalten und ab 2031 zu vergrößern. Daher wird es notwendig den Verlust von Grünräumen durch Bautätigkeiten in den durch die Verordnung betroffenen Gebieten zu kompensieren.

Kompensation als mehrdimensionales Konzept

Kompensation im Naturschutzrecht ist ein vielschichtiges Konzept. Es kann nicht nur den quantitativen Ausgleich von Eingriffen umfassen, sondern auch qualitative, funktionale, finanzielle, räumliche und zeitliche Dimensionen berücksichtigen. Während im Naturschutzrecht vor allem konkrete Maßnahmen vor Ort oder in der unmittelbaren Umgebung zur Wiederherstellung beeinträchtigter Naturfunktionen im Vordergrund stehen, versteht Raumordnung Kompensation als Ausgleich für die Inanspruchnahme von Flächen – etwa durch Rückwidmungen, Entsiegelungen oder finanzielle Abgaben.

Expert:innenworkshop zur stadtregionalen Perspektive

Bei der Kompensation von Flächeninanspruchnahme aus stadtregionaler Perspektive setzen die Gemeinden einer Stadtregion kooperativ abgestimmte Ausgleichsmaßnahmen um.

Im Rahmen der Regionen-Dialog-Plattform organisierte das BMLUK einen Expert:innenworkshop, der zahlreiche Akteur:innen aus unterschiedlichen Bereichen zusammenbrachte. Vertreter:innen aus Ministerien (BMLUK, BMIMI) und staatsnahe Institutionen (UBA, ASFINAG, ÖBB Infra-AG, ÖROK), den Bundesländern Steiermark, Burgenland und Wien, Regionen sowie Städten diskutierten gemeinsam mit Forschungseinrichtungen und Universitäten sowie Consultingunternehmen über die zentralen Herausforderungen und Chancen. Ziel des Workshops war es, die Thematik aus unterschiedlichen Perspektiven zu beleuchten.

Zum Auftakt des Expert:innenworkshops stellte Georg Schadt (Abteilung Koordination Regionalpolitik und Raumordnung BMLUK) den Rahmen und die Ausgangslage vor. Anschließend präsentierte Christoph Foglar-Deinhardstein (Rosinak & Partner) das Thema „Kompensation als mehrdimensionales Konzept – aktuelle Entwicklungen und Good Practices“. Dabei stellte er drei Anfang des Jahres recherchiert und aufbereitete Beispiele für die Kompensation von Flächeninanspruchnahme vor. Er betonte, dass im österreichischen Raumordnungsrecht bislang weitgehend verbindliche gesetzliche Regelungen zur Kompensation von Flächenverbrauch und Versiegelung fehlen. Eine Orientierung an internationalen Best Practices und Erfahrungen aus dem Naturschutzrecht könnte hier den Weg für neue Instrumente ebnen.

Darauf folgte ein Impuls von Paul Himmelbauer (ÖROK-Geschäftsstelle) zur Wiederherstellung städtischer Ökosysteme und den Auswirkungen auf die Raumordnung gemäß Artikel 8 der EU-Wiederherstellungsverordnung. Er gab Einblick in den Prozess zur Festlegung verwendbarer Datengrundlage für Monitoring der Grünflächen und Baumüberschirmung sowie zur Abgrenzung der relevanten urbanen Ökosysteme. Gleichzeitig machte er auf mögliche kontraproduktive Effekte aufmerksam – etwa die Erschwerung von Innenentwicklung und Nachverdichtung oder den möglichen Fehlanreiz durch die Verordnung, landwirtschaftliche Flächen in andere Nutzungen zu überführen.

Abschließend beleuchteten Barbara Birli (Umweltbundesamt), Melanie Dobernigg-Lutz (Österreichischer Städtebund) und Andreas Hacker (Stadt-Umland-Management Wien/Niederösterreich) die Rolle von Stadtregionen bei der Umsetzung der Wiederherstellungsverordnung und mögliche Ansatzpunkte für Flächenkompensation.

Ergebnisse und Fazit der Diskussionen

Die Veranstaltung wurde erfolgreich genutzt, um das Wissen über Artikel 8 der Wiederherstellungsverordnung bei potentiell betroffenen Stakeholdern zu erhöhen.

Ausgewählte Vorschläge seitens der teilnehmenden Expert:innen unterschiedlicher Institutionen waren:

  • Bei der Begrünung und bei Ausgleichsmaßnahmen für Bautätigkeiten sollte an bestehende regionale Förderprogramme angedockt werden, auch in künftigen EU-Förderperioden.
  • Lohnend könnte das bessere Zusammenbringen von möglichen Kompensationsflächen und Kompensationsbedarfen durch Flächenmanagement-Agenturen sein. Herausforderung hierbei ist die Entwicklung funktionierender Geschäftsmodelle.
  • Als positives Beispiel hervorgehoben wurde der Schutz der landwirtschaftlichen Produktionsflächen durch die bundesweite Festlegung der sogenannten „Fruchtfolgeflächen“ in der Schweiz.

Der Workshop hat gezeigt, dass regionale und sektorübergreifende Zusammenarbeit entscheidend für die Entwicklung neuer Kompensationsinstrumente ist.

Hinweis

Moderiert wurde die Veranstaltung von Elisabeth Stix (Rosinak & Partner). Grundlage für die Diskussionen bildete ein eigens erarbeitetes Impulspapier, das nach dem Workshop finalisiert wurde und zum Download zur Verfügung steht.