„Sammlung Mariabrunn“ zeigt: Österreichische Forstwirtschaft hat seit Jahrhunderten Vorbildwirkung

Gruppenfoto mit dem Forschungsteam der "Sammlung Mariabrunn" sowie der BMLUK-Forstsektionschefin Elfriede Moser und Forst-Abteilungsleiter Johannes Schima. Die Personen halten verschiedene Exponate aus der "Sammlung Mariabrunn" in die Kamera.
Foto: BMLUK / Schima

In einem Forschungsprojekt am Waldcampus Österreich in Traunkirchen wurden im vergangenen Jahr rund 600 forsthistorische Exponate zur „Sammlung Mariabrunn“ zusammengeführt. Neben praktischen und kuriosen Gerätschaften befindet sich darunter auch eine der größten Holzmesskluppensammlung der Welt.

Ein Stück lebendige Forstgeschichte

Die „Sammlung Mariabrunn“, wie sie seit kurzem am Waldcampus Österreich untergebracht ist, enthält zahlreiche forstkulturelle und -historische Exponate. Mit Unterstützung der Forstsektion des Ministeriums hat hier am Bundesforschungszentrum für Wald (BFW) im vergangenen Jahr eine Forschungsgruppe außergewöhnliche Fundstücke aus Archiven zusammengetragen, dokumentiert und für die Öffentlichkeit aufbereitet.

Die Sammlung basiert auf Beständen des Museums für das forstliche Versuchswesen Mariabrunn in Wien und umfasst den Zeitraum von 1813 bis heute. Ursprünglich dienten die forstlichen Objekte als Lehrmittel und zur wissenschaftlichen Dokumentation. So erfolgten die Zugänge durch die Wissenschaft, durch private Spender, aber auch im Zuge bestimmter Anlässe, wie etwa der Weltausstellung 1873 in Wien. Der historische Bestand wurde mit der BOKU-Gründung 1872 geteilt, 1929 fotografisch dokumentiert und 1963 aufgelöst. Es dauerte rund 30 Jahre, bis eine Auswahl von Exponaten zusammengetragen und das neue Museum für die forstliche Forschung an der forstlichen Versuchsanstalt Mariabrunn in Wien 1993 wieder begründet wurde.

Nach der Verlegung des Bundesforschungszentrums für Wald (ehemals forstliche Versuchsanstalt) von Mariabrunn nach Schönbrunn wurde das Museum eingelagert und übersiedelte 2014 an die Forstliche Ausbildungsstätte Ort in Gmunden und dann weiter an den neu eingerichteten Waldcampus Österreich in Traunkirchen. Dort sind die Exponate nun in Archivräumen sachgerecht gelagert und können in Spezialausstellungen dem interessierten Publikum zugänglich gemacht werden.

Europaweit einzigartig

Die historische Sammlung umfasst Geräte und Werkzeuge aus dem Forschungs- und Lehralltag, Präsentations- und Informationsmaterialien, Schautafeln, Bilder, Dias, Publikationen und Landkarten, Sonderdrucke und Dokumente sowie eine Xylothek.

Unter den Exponaten befindet sich zudem eine außergewöhnliche Kollektion von 25 verschiedenen Modellen an historischen Baum- und Holzmesskluppen – eine der größten Sammlungen dieser Art weltweit.

Im mehr als 400-seitigen Schlussbericht werden über 600 forsthistorische Exponate beschrieben. Im Anhang befinden sich erläuternde Beiträge, unter anderem über die Geschichte des Forstmuseums Mariabrunn, über die Pecherei und die Lärchenharzgewinnung sowie die Beschreibungen kurioser Exponate. Auch besondere forsthistorische Persönlichkeiten wie etwa Walter Bitterlich, Josef Ressel oder Arthur von Seckendorff-Gudent werden darin gewürdigt.

Professor Wolfgang Jirikowski, Forsthistoriker und langjähriger Leiter der Forstlichen Ausbildungsstätte Ort, zeigt ein Exponat aus der "Sammlung Mariabrunn"
Prof. DI Dr. Wolfgang Jirikowski, Forsthistoriker und langjähriger Leiter der Forstlichen Ausbildungsstätte Ort, zeigt ein Exponat der "Sammlung Mariabrunn".

Unter der Leitung von DI Dr. Herbert Kohlross (Forsthistoriker, Buchautor, Unternehmensberater Forstwirtschaft) brachte das Forschungsteam, bestehend aus FRin Dr.in Elisabeth Johann (Forsthistorikerin, Buchautorin, Forstwirtin), Prof. DI Dr. Wolfgang Jirikowski (Forsthistoriker, langjähriger Leiter der Forstlichen Ausbildungsstätte Ort), Mag. Dr. Karl Hohensinner (Historiker, Germanist, Kulturvermittler und Schriftsteller) und Mag.a Hermine Hackl (Österreichische Waldbotschafterin), ihre Expertise für das forstwissenschaftliche Projekt ein.

Gruppenfoto der Forschungsgruppe "Sammlung Mariabrunn" sowie Forstsektionschefin Elfriede Moser und Abteilungsleiter Johannes Schima vom Bundesministerium.
Die Leitung der Forstsektion des Bundesministeriums zu Gast am Waldcampus Österreich bei der Forschungsgruppe der "Sammlung Mariabrunn".

„Diese forsthistorische Sammlung in Traunkirchen ist sicher europaweit einzigartig. Mit ihren Anfängen, die bis ins Jahr 1813 zurückreichen, kann sie als ‚Wiege‘ der forstlichen Dokumentation in Österreich betrachtet werden. Die präsentierten Gerätschaften zeigen eindrucksvoll auf, dass die österreichische Forstwirtschaft seit Jahrhunderten Vorbildwirkung für Europa und die Welt hatte und hat. Dabei kam dem Messen der Holzvorräte und einer nachhaltigen Bewirtschaftung der Wälder immer schon eine wichtige Rolle zu“, betont DIin Elfriede Moser, Sektionschefin für Forstwirtschaft und Regionen im Bundesministerium.

Forstkulturelle Besonderheiten

Unter den erhobenen Exponaten befinden sich Besonderheiten wie Mörwalds Kleegeige, die Geiselheimer Wasserzange, das Latschbacher Lochkartenschreibpult, Fromme´s Univeral-Tachygraph und Nesslers Kronenmessgerät. Dazu gehören aber auch Bohrkernmesslupen, Durchmesserklassenmessgeräte, Waldstöcke mit Messskala, Jahrringmessmaschinen, Präzisionsdickenmesser, historische Spiegelhysometer und andere Baumhöhenmesser, ein Aspirations-Psychrometer, Kugelrollplanimeter und Winkeltrommeln.

Zu den außergewöhnlichen Exponaten gehört aber auch eine Sammlung von Visierwinkel und Spiegelrelaskopen des österreichischen Forstmannes Walter Bitterlich, der für seine Erfindungen weltberühmt wurde. Die damit verbundene Winkelzählmethode, ein Messverfahren zur Ermittlung der Holzmasse im Wald und des Holzartenmischungsverhältnisses findet in der Forstwirtschaft bis heute weltweit Anwendung.

In liebevoller Kleinarbeit setzte zudem Wolfgang Jirikowski Zuwachsautographen wie etwa eine Pfister‘sche Zuwachsuhr wieder Instand. Mit diesen Gerätschaften wurde früher der Dickenzuwachs eines Baumes gemessen.

Tagebücher der jungen Erzherzogin

Zur Sammlung gehören außerdem zeithistorische Dokumente wie etwa einige Notizbücher einer bislang nicht näher bekannten jungen, adeligen Dame, vermutlich einer habsburgischen Erzherzogin, die in enger Beziehung zum ehemaligen Schlossbesitzer Johann Ort stand. Diese Notizen wurden 2017 im Zuge der Übersiedlung der Forstlichen Ausbildungsstätte vom Landschloss Orth nach Traunkirchen vom damaligen Leiter Wolfgang Jirikowski hinter einer Vertäfelung gefunden. Die handgeschriebenen Tagebücher geben Aufschluss über den Alltag dieser Zeit, erzählen in Gedichten, Erzählungen und Illustrationen aber auch über Liebesglück und Liebesweh der jungen Autorin.