Die Kernenergie verdient kein grünes Mascherl

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Österreich hat fristgerecht ein Rechtsmittel gegen das Urteil des Gerichts der Europäischen Union zur österreichischen Nichtigkeitesklage beim Europäischen Gerichtshof eingebracht.

Forschung, Entwicklung, Demonstration und Einsatz von innovativen Nukleartechnologien, der Bau und der sichere Betrieb von neuen Kernkraftwerken sowie die Stromproduktion durch bestehende Kernanlagen sollen als „ökologisch nachhaltig“ im Sinne der Taxonomie-Verordnung gelten. Die Europäische Kommission (EK) verfolgt hier den Ansatz, die Kernenergie als "Übergangstätigkeit" einzustufen.

Der am 2. Februar 2022 von der Europäischen Kommission (EK) angenommene ergänzende delegierte Rechtsakt zur Taxonomie umfasst auch die Kernenergie und fossiles Gas. Das ist eine herbe Enttäuschung und geht ganz eindeutig in die falsche Richtung.

Die Klassifizierung der Kernenergie und fossilem Gas als „grüne“ Investition steht in krassem Widerspruch zum eigentlichen Zweck der Taxonomie-Verordnung. Die Taxonomie Verordnung sollte entsprechend ihrer Intention einen "Goldstandard“ für besonders nachhaltige Investitionen schaffen. Mit dem von der europäischen Kommission angenommenen delegierten Rechtsakt wird genau das Gegenteil bewirkt.

Bereits zum EK-Entwurf des ergänzenden delegierten Rechtsakts, der am 31. Dezember 2021 an die Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) zur Stellungnahme übermittelt wurde, hat Österreich eine gut begründete kritische Stellungnahme abgegeben. Auch viele andere Länder wie zum Beispiel Deutschland, Dänemark und Spanien haben sich klar gegen die Kernenergie in der Taxonomie ausgesprochen.

BMK beauftragte Studie und Rechtsgutachten

In einer schon im Vorfeld vom Bundesministerium beauftragten Studie auf Basis von wissenschaftlichen Publikationen unabhängiger Experten und Expertinnen wurde bereits ganz klar aufgezeigt, dass die Kernenergie nicht den Kriterien der Nachhaltigkeit entsprechen kann.

Die Frau Bundesministerin hatte schon im Frühjahr 2022 die Prüfung einer Klage angekündigt und sich dabei auf das bereits im Vorfeld beauftragte Rechtsgutachten „Nuclear Power and the Taxonomy Regulation der renommierten internationalen Kanzlei Redeker Sellner Dahs gestützt. Dieses belegt eindeutig, dass die Kernenergie auch aus rechtlichen Gründen den Anforderungen der Taxonomie-Verordnung nicht entspricht. Bedauerlicherweise fand sich weder im Rat noch im Europäischen Parlament die für die Ablehnung des ergänzenden delegierten Rechtsaktes notwendige verstärkte beziehungsweise einfache Mehrheit.

Am 7. Oktober 2022 hat Österreich fristgerecht die Nichtigkeitsklage gegen den ergänzenden delegierten Rechtsakt zur Taxonomie betreffend Kernenergie und fossiles Gas beim Europäischen Gericht eingebracht. Die Klageschrift wurde in enger Kooperation mit dem für die Einbringung einer Klage zuständigen Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes sowie dem Bundesministerium für Finanzen und dem Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten vorbereitet. Die Rechtsanwaltskanzlei Redeker Sellner Dahs, die im Auftrag des BMK schon das erwähnte Rechtsgutachten erstellt hatte, ist mit der rechtlichen Unterstützung beauftragt.

Luxemburg hat sich als Streithelfer auf der Seite Österreichs an der Klage beteiligt. Auf Seiten der Kommission sind Bulgarien, Tschechien, Finnland, Frankreich, Polen, Rumänien, Slowakei, Slowenien und Ungarn Streithelfer.

Die wichtigsten Klagsgründe die Kernenergie betreffend

Die Kernenergie leistet keinen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutzziel der Taxonomie Verordnung nach Artikel 10 (extrem teuer, zu langsam). Österreich bezweifelt darüber hinaus, dass die Kernenergie keinem der anderen Umweltziele eine wesentliche Beeinträchtigung im Sinne der do no significant harm- (DNSH-) Kriterien zufügt, denn es bestehen massive Umweltrisiken der Kernenergie (unter anderem die ungelöste Frage der Endlagerung und das Unfallrisiko).

Am 25. Oktober 2023 wurde das schriftliche Verfahren beendet und am 21. und 22. Oktober 2024 fand die mündliche Verhandlung statt. Bedauerlicherweise wurde die Klage mit Urteil des EuG am 10. September abgewiesen. 

Rechtsmittel beim Europäischen Gerichtshof eingebracht

Nach eingehender rechtlicher Prüfung dieses Urteils hat die Bundesregierung entschieden, ein Rechtsmittel zu erheben. Dieses wurde fristgerecht am 18. November 2025 eingebracht.

Das Rechtsmittel stützt sich vor allem darauf, dass das Gericht aus österreichischer Rechtssicht einen falschen Prüfungsmaßstab angewendet hat und die angefochtene Verordnung unter Verletzung wichtiger Verfahrensregeln zustande gekommen ist. Außerdem regelt die Verordnung aus österreichischer Sicht grundlegende Fragen des Politikbereichs, was einen Verstoß gegen Artikel 290 AEUV darstellt. Darüber hinaus ist Österreich der Auffassung, dass mehrere Bestimmungen der Taxonomie-Verordnung verletzt wurden.