World Nuclear Industry Status Report: Fakten zur Kernenergie
Erstmals im deutschsprachigen Raum präsentierten der Herausgeber des World Nuclear Industry Status Reports, Mycle Schneider und Co-Autoren im Umwelt- und Klimaschutzministerium am 14. November 2025 den aktuellen Bericht zum weltweiten Stand und Entwicklung in Sachen Kernenergie - jenseits von Propaganda und wirtschaftlichen Interessen.
Der World Nuclear Industry Status Report ist ein unverzichtbarer Beitrag zu einer ehrlichen und fundierten Auseinandersetzung über die Zukunft der Kernenergie – jenseits von Ideologien und einseitigen Darstellungen. Der aktuelle Bericht zeigt ganz klar: Die Atomkraft stagniert, während Solarenergie, Windkraft und Speichertechnologien weltweit Rekordzuwächse verzeichnen. Von einer weltweiten nuklearen Renaissance kann man keineswegs sprechen.
Daten und Fakten zur sachlichen Bewertung der Atomkraft
In den letzten Jahren ist ein tiefer Graben zwischen Wahrnehmung und Realität des Kernenergiesektors entstanden – gerade heute sind faktenbasierte, sachliche Analysen unersetzlich. Seit 2007 wird jährlich im Rahmen des unabhängigen World Nuclear Industry Status Reports in Sachen Kernenergie berichtet. Der aktuelle Bericht 2025 stellt auf annähernd 600 Seiten umfangreiche Daten und Fakten zusammen, die eine sachliche Grundlage für die Bewertung von Stand und Perspektiven der Atomkraft in der Welt ermöglichen:
- Die weltweite Atomstromproduktion erreichte 2024 mit rund 2.677 TWh (+2,9 Prozent) zwar den höchsten Stand, doch das Wachstum stammt fast ausschließlich aus China.
- Weltweit sind 408 Reaktoren in Betrieb, genauso viele wie ein Jahr zuvor und 30 weniger als auf dem Höchststand 2002.
- Der Großteil der 63 Reaktoren wird von China oder Russland gebaut.
- Davon abgesehen stagniert der Neubau, viele Projekte verzögern sich, manche werden aufgegeben; die bestehenden Reaktoren sind überaltert.
- Der Anteil der Atomkraft am globalen Strommix ist 2024 trotz höherer Produktion auf 9 Prozent gesunken – kaum mehr als die Hälfte des höchsten Werts 17,5 Prozent von 1996.
- Kleine modulare Reaktoren (Small Modular Reactors, SMR) befinden sich weiterhin in der Entwicklungsphase und sind noch nicht marktreif.
- Russland bleibt trotz der geopolitischen Entwicklungen zentraler Akteur bei Neubau, Uranlieferungen und Dienstleistungen. Russland ist zugleich Kunde westlicher Nuklearfirmen, was wechselseitige wirtschaftliche Abhängigkeiten schafft.
Mycle Schneider, Projektleiter und Herausgeber des WNISR, erklärt: „In den letzten zwei Jahren ist die Anzahl der Länder in denen neue Atomkraftwerke gebaut werden um knapp ein Drittel von 16 auf 11 gesunken. In der industriellen Realität besteht die nukleare Renaissance bisher vor allem in Wiederbelebungsversuchen abgeschalteter, 50+ Jahre alter Atomkraftwerke in den USA wie etwa dem Zwillingsblock des Katastrophenreaktors Three Mile Island 2 [Pennsylvania, Teilkernschmelze 1979]. Im April 2025 haben Solarpanels weltweit zum ersten Mal mehr Strom erzeugt als Atomkraftwerke. Im selben Monat verdrängte die Sonne Erdgas als größte Stromquelle Kaliforniens. In Texas speisen Batterien zeitweilig nun fast doppelt so viel Strom ins Netz wie die vier Reaktoren im Staat. Willkommen in der Zukunft!“
Erneuerbare Energieträger sind wirtschaftlicher und sicherer
Erneuerbare Energien wachsen deutlich schneller, sind kostengünstiger und dominieren zunehmend den globalen Ausbau.
- 2024 wurden 565 Gigawatt neue Solar- und Windkraftleistung installiert, das Hundertfache des Kernenergie-Ausbaus.
- Die Investitionen in erneuerbare Energien waren 21-mal so hoch wie in die Atomkraft. Gerade auch in China ist die Solarstromproduktion um ein Vielfaches der Atomstromproduktion angewachsen (Solarstromproduktion +44 Prozent, Atomstrom +3,7 Prozent).
Atomenergie ist zu teuer und zu langsam
Der aktuelle Bericht beschreibt zunehmende Integrationsprobleme der Kernenergie in ein modernes, dezentralisiertes Energiesystem, das von erneuerbaren Energien, Stromspeichern und Digitalisierung geprägt ist. Während die Kosten für Batteriespeicher 2024 um 40 Prozent gesunken sind, erweist sich Atomkraft als zu teuer, zu unflexibel und zu langsam, um mit den neuen Technologien Schritt zu halten.
Bericht bestätigt die Österreichische Haltung
Der World Nuclear Industry Status Report bestätigt die Haltung des Umwelt- und Klimaschutzministeriums in vielen Punkten:
- Kernenergie ist zu langsam und zu teuer
- Kernenergie stellt keine kosteneffiziente Option zur Bekämpfung des Klimawandels dar.
- Österreich hat sich bereits im Jahr 1978 mit der Volksabstimmung zum Kernkraftwerk Zwentendorf gegen die Nutzung der Atomkraft entschieden und setzt bereits seit langem auf klimafreundliche und leistbare Alternativen: erneuerbare Energien aus Sonne, Wind, Wasser und Biomasse.